Die NATO rechnete nicht mit so viel Widerstand

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An den Beginn der Bombardierungen der NATO kann sich Vladimir Lazarević gut erinnern. Als Erstes fällt dem inzwischen pensionierten Generaloberst, wie unklar die Lage die Lage im NATO-Hauptquartier war. Denn dass ein bereits durch Kriege, ein Embargo und eine Hyperinflation dermaßen geschwächtes Land wie Jugoslawien es wagen würde, dem größten Militärbündnis aller Zeiten die Stirn zu bieten, damit hatte man im Westen nicht gerechnet.

„Wahrscheinlich haben sowohl die Amerikaner als auch ihre westlichen Verbündeten nie verstanden, wie das Herz eines serbischen Soldaten schlägt, wenn es um die Verteidigung der Heimat geht“, so Lazarević.

Der Generaloberst ist derweil kein Unbekannter. War er es doch, der als Kommandeur des Priština-Korps. Ihm unterstanden fünf Brigaden der Jugoslawischen Armee, eine Polizeieinheit und ein Regiment zur Luftverteidigung.

„Gut ausgebildet und in allen Taktiken trainiert, standen wir bereit für die Verteidigung unseres Landes und unsers Volkes. Gegen das Unrecht und für die Liebe zu diesem Land und zum serbischen Volk“, erinnert sich der alte Offizier.

„Und wir schafften es, den Kosovo gegen die NATO zu beschützen. Wie uns das gelang? Darauf können wir immer nur eine Antwort an jene Angreifer geben, die nun seit mehr als zwei Jahrzehnten nach ihr suchen. Jene, die uns angriffen und damit ein unverständliches Verbrechen begangen.

Es war das Heldentum all jener Mitglieder des Priština Korps, welches im letzten Frühling des vergangenen Jahrhunderts den Kosovo verteidigte. Dieser Heldenmut wird überdauern, auch wenn die Jahre unwiederbringlich und für immer vergehen“, resümiert Lazarević.

Dem Westen ging es nicht um Frieden

Das gesamte Land befand sich damals in Alarmbereitschaft. Aber tatsächlich waren nicht nur die Einheiten im Kosovo, sondern auch alle anderen Mitglieder der Armee und der Polizei bestens vorbereitet auf die NATO-Aggression. Vom Beginn der Bombardierungen am 24.März bis zu ihrem Ende am 10.Juni 1999 zeigte sich das ganze Land geeint und stark.

„Im wahrsten Sinne des Wortes war der Kosovo Schauplatz der wichtigsten Kriegsereignisse während der 78 Tage der NATO-Aggression gegen unser Land. Nicht nur wegen des Kriegsziels des Westens, Kosovo von Serbien zu trennen, sondern auch wegen der unermüdlichen Versuche der sogenannten UČK, jener albanischen Terroristengruppe, Waffen und Munition aus Albanien in den Kosovo zu bringen.

Wir befanden uns schon lange vor der Aggression des Westens in einer Art Kriegszustand. Die Terroristen brachten militärisches Gerät für ihre finsteren Pläne über Bergketten und durch die Wildnis, um ihre Leute auszurüsten. Das Priština-Korps war daher im Grenzgebiet schon fast seit zwei Jahren quasi im Kriegszustand.“

Der Pensionär hegt auch keine Zweifel, dass der gesamte Krieg von langer Hand im Westen geplant worden war. Lazarević fasst die Lage vor dem Krieg wie folgt zusammen:

„Obwohl es ständig hieß, dass der Angriff auf unser Land nur dazu diene, das friedliche Zusammenleben der Einwohner von Kosmet zu gewährleisten, war es damals und heute klar, dass es darum ging die Provinz zu erobern. Damals war es bereits bekannt, und inzwischen gibt es mehr und mehr Hinweise, dass 1998 die letzte Frist vergeben wurde, bis zu welcher unser Schicksal entschieden werden sollte.

In jenem Jahr, im Spätsommer und Frühherbst 1998, wurde der Angriff auf Jugoslawien befohlen. Der Plan verzögerte sich jedoch kurzfristig durch das Abkommen zwischen Milošević und Holbrooke. Wenige Monate später brach dennoch der Höllensturm des Feindes los.“

Bereits Jahre zuvor gab es Angriffspläne

Die Frage, die sich stellt, ist aber, warum ausgerechnet die Amerikaner ausgerechnet den Kosovo haben wollten. Aber auch auf dieses komplexe Thema hat der pensionierte Generaloberst eine qualifizierte und dennoch einfache Antwort:

„Ich las bereits 1994 Prognosen einiger europäischer und US-amerikanischer Militärstrategen. Dabei ging es um zukünftige Konflikte auf europäischem Boden. Schon damals, Jahre vor dem eigentlichen Angriff gab es diese Prognosen. Und der Austragungsort eines solchen Konflikts war nach US-amerikanischer Auffassung ein Gebiet, welches als „serbisches Kuwait“ bezeichnet wurde. Da gab es keine Zweifel, dass sie Kosovo und Metochien als unerschöpfliche Quelle natürlicher Ressourcen betrachteten.“

Es schien, als sei man umringt von einer Welt von Feinden. Von jenseits der See und aus den europäischen NATO-Staaten kam der Feind. Nach wenigen Jahren des Friedens sollte das Schwert abermals auf dem Balkan entscheiden, aufgezwungen durch ausländische Mächte.

Die Moral der Truppe aber hielt ungebrochen, auch nach 78 Tagen ständiger Bombardierungen. Erst mit dem Abkommen von Kumanovo wurden die Kampfhandlungen eingestellt. Die Armee und die Polizei zogen sich aus dem Kosovo zurück. Ihnen folgte ein weiteres Heer, jenes Heer von Flüchtlingen. Für jene, die zurückblieben, sollte der albanisch-nationalistische Terror weitergehen, unter dem Deckmantel der Vereinten Nationen und unter den sehenden Augen des Westens.

Der Generaloberst bezahlte einen hohen Preis für seinen Mut

Generaloberst Vladimir Lazarević wurde für seine Opfer und seinen Heldenmut später bestraft. 2003 klagte man ihn am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien an. Die schwammige Begründung: „Persönliche Verantwortung in seiner Rolle als Vorgesetzter“. Angeblich hätte er Deportationen, Morde sowie Verfolgungen aufgrund ethnischer, politischer und religiöser Motive befohlen.

Lazarević war somit in die Mühlen der Weltpolitik geraten.

Nach Rücksprache mit dem damaligen serbischen Premier Vojislav Koštunica stellte sich der Generaloberst 2005 seinen Häschern. Der Druck aus dem Ausland war zu groß und Lazarević wollte weiteren Schaden von seinem geliebten Serbien abwenden. Patriarch Pavle segnete ihn sogar für seine Verdienste an Volk und Vaterland.

In Den Haag plädierte der Generaloberst auf „nicht schuldig“. Es nützte ihm wenig. Die Anklage setzte sich schließlich durch, mit einer Haftstrafe von 15 Jahren.

Bis 2015 musste er in Gefangenschaft verbringen. Erst dann ließ man ihn endlich in seine geliebte Heimat zurückkehren.

Wie denkt Ihr über seine Entscheidung freiwillig nach Den Haag zu gehen? Schreibt es uns in die Kommentare.

Quelle: politika.rs

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