Heute Urteilsverkündung gegen Mladić in Den Haag

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Heute scheint es endgültig so weit zu sein. Nach 533 Verhandlungstagen soll heute das letztinstanzliche Urteil gegen General Ratko Mladić in Den Haag fallen. Der ehemalige Kommandeur der Streitkräfte der Republika Srpska ist bereits seit zehn Jahren in Haft im niederländischen Scheveningen.

Bereits im November 2017 befanden die Richter ihn schuldig wegen „der Verfolgung von Bosniaken und Kroaten, der Belagerung von Sarajevo, der Geiselnahme von Mitgliedern der internationalen Friedensmission sowie wegen Völkermord in Srebrenica.

Damit konnte sich die Anklage in zehn von elf Anklagepunkten durchsetzen. Der Vorwurf des Völkermordes in den Gemeinden Prijedor, Sanski Most, Ključ, Kotor Varoš, Foča und Vlasenica im Jahr 1992 wurde gegen ihn fallen gelassen. Die Anklage legte daraufhin Berufung ein. Mladićs Verteidiger forderten hingegen einen Freispruch in allen zehn Punkten.

Denn damals lautete das Urteil gegen Mladić lebenslängliche Haft.

Die Richter in Den Haag wollen das Urteil heute gegen 15 Uhr fällen. Die öffentliche Bekanntmachung kommt jedoch mit einer halben Stunde Verspätung.

Anwesend werden neben einem Richter und der Anklage nur Mladić selbst sowie sein Rechtsbeistand sein.

Sein Sohn ist in Sorge um ihn

Auch sein Sohn Darko wartet in Den Haag auf das Urteil gegen seinen Vater. Zu seinen Gefühlen bezüglich des heutigen Tages befragt, antwortete Darko Mladić: „Alles außer einem Freispruch wird eine politische Entscheidung sein.“ Sein Vater halte sich aber trotz allem gut.

Im vergangenen August hatte Darko ebenfalls die Möglichkeit, sich persönlich an das Gericht zu wenden. Damals sagte er, dass sein Vater, „kein Heiliger ist, sondern ein gewöhnlicher Mann, der aber sowohl im Frieden wie auch im Krieg stets die Gesetze eingehalten habe.“

Auch Milorad Dodik, der Vorsitzende des Staatspräsidiums von Bosnien und Herzegowina und langjähriger Präsident der Republika Srpska äußerte sich zu der heutigen Urteilsverkündung.

Er sehe den heutigen Tag skeptisch. „Das Haager Tribunal war bisher kein Ort der Gerechtigkeit. Es ist dort nicht gelungen, die Völker von Bosnien und Herzegowina zu versöhnen. Ich sehe General Mladić als Soldaten, nicht als Kriegsverbrecher, so wie andere ihn hinstellen wollen“, so Dodik.

Der Richter trifft sich mit dem Sicherheitsrat

Später am Tag trifft sich zudem der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Carmel Agius, der Richter im Mladić-Prozess wird den Mitgliedern des Rates dann Bericht erstatten über die Arbeit des Gerichts.

Agius ist im Internet vor allem durch seine Urteilsverkündung gegen den kroatischen Kriegsverbrecher Slobodan Praljak weltweit bekannt geworden. Praljak, welcher u.a. während des Krieges die weltberühmte Brücke in Mostar sprengen ließ, hatte sich vor den Augen des Richters vergiftet. Die Tat in Gegenwart des verwirrten und schockierten Agius wurde zu einem regelrechten Internet-Phänomen.

Dass beides, die Urteilsverkündung gegen den General und die Berichterstattung des höchsten Richters in Den Haag, am selben Tag stattfindet, hat schon einen mehr als faden Beigeschmack. Aburteilung, Erledigung und danach Abhaken der Arbeitsliste – so wirkt das Ganze auf den unvoreingenommenen Betrachter. Ob Mladić im Berufungsverfahren je eine reelle Chance auf Freispruch hatte, kann man da mit Fug und Recht bezweifeln.

Überhaupt hatte das Gericht seit Beginn aller Verfahren schnell an Glaubwürdigkeit verloren. Denn ein gigantischer Teil der Haftstrafen entfielen auf Serben, während Kroaten und Bosniaken mit teils erheblich niedrigeren Strafen oder sogar Freisprüchen davonkamen.

In den bald dreißig Jahren, in denen das Jugoslawien-Tribunal bestand, wurden die serbischen Angeklagten zusammengerechnet zu über 1.138 Jahre Gefängnis verurteilt. Kroaten, Bosniaken und Albaner kamen nur auf ein Drittel dieser Haftstrafen.

Die Radikalen fordern eine Untersuchung des Gerichts

Die Serbische Radikale Partei (SRS) forderte daher gestern in Belgrad die Regierung auf, eine Einrichtung zur Untersuchung der Urteile und Richtersprüche in Den Haag zu schaffen. Die Partei von Vojislav Šešelj, welcher ebenfalls lange Jahre in Untersuchungshaft in Den Haag saß, geht davon aus, dass Millionen Seiten der Prozessprotokolle und anderer Dokumente nicht veröffentlicht wurden.

Es bestehe daher die dringende Gefahr, dass dieses Material an die kroatische oder bosniakische Seite übergeben und anschließend vernichtet werde. Dies gelte es im Interesse Serbiens unter allen Umständen zu verhindern, heißt es aus der Partei.

Wie denkt Ihr über die Forderung der SRS? Glaubt Ihr, dass die Vorgänge in Den Haag in Serbien noch genauso bedeutsam wie vor ein paar Jahren sind? Schreibt uns Eure Meinungen in die Kommentare.

Foto: EPA

Quelle: novosti.rs

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