Nach den Wahlen: Serbien eilt ohne Trennung von Russland nach Europa!

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Bei der vorgezogenen Parlamentswahl in Serbien hat die Koalition mit Premier Aleksandar Vučić an der Spitze gewonnen. Der tritt für eine beschleunigte Integration in die EU bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Partnerschaftsbeziehungen zu Russland ein, schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Dienstag.
 
Allerdings meinen serbische Experten, dass Belgrad nicht lange dazu fähig sei, solch ein Gleichgewicht in der Außenpolitik beizubehalten. Der Wendepunkt kann die für 2017 angesetzte Präsidentschaftswahl sein.
 
Laut den vorläufigen Wahlergebnissen hat die Koalition mit der regierenden Serbischen Progressiven Partei an der Spitze mehr als 48 Prozent der Stimmen erhalten. Im neuen Parlament bekommt sie 131 von insgesamt 250 Sitzen – das ist die absolute Mehrheit, die eine selbstständige Regierungsbildung ermöglicht.
 
Als der Sieg der Koalition des Premiers in der Nacht auf Montag offensichtlich wurde, wandte sich Vučić an die versammelten Journalisten und nannte die wichtigsten Richtlinien der Außenpolitik der neuen Regierung: „Serbien wird den Weg nach Europa fortsetzen, wir werden diese Bewegung beschleunigen und auf keine Kompromisse eingehen. Wir werden auch die traditionell freundschaftlichen Beziehungen zu Russland, China und den USA aufrechterhalten.“
 
Damit gab der Premier zu verstehen, dass er die Politik des Balancierens zwischen Russland und dem Westen fortsetzen will, wobei er sich auf die Mehrheit im Parlament stützt. Aus dieser Sicht ging die Rechnung des Premiers bei der vorgezogenen Wahl auf: Er kann auch weiter die Lage im Lande und seine Außenpolitik kontrollieren. Doch in der Tat ist alles nicht so eindeutig.
 
Das neue Parlament wird nicht mehr so bequem für den serbischen Anführer sein. Es geht nicht darum, dass die Mitstreiter des Premiers schlechter abgeschnitten haben – bislang hatte die Serbische Progressive Partei 158 Sitze; ihr Koalitionspartner, die Sozialisten, hatten weitere 44 Sitze inne. Bislang bestand die Opposition aus zwei demokratischen Parteien, die nichts gegen die Annäherung mit der EU und die Normalisierung der Beziehungen zum Kosovo hatten.
 
Ein wichtiges Ergebnis der Wahl ist die Rückkehr der nationalistischen Parteien ins Parlament. Der jüngste Freispruch für den Anführer der serbischen Radikalen, Vojislav Šešelj, durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag und seine aktive Teilnahme an der Wahlkampagne ermöglichten das Erstarken der Radikalenpartei – sie erhielt sogar mehr Stimmen, als bei Umfragen prognostiziert worden war – acht Prozent (21 Sitze).
 
Ins Parlament zieht auch die Koalition aus der Demokratischen Partei und der Bewegung „Dveri“ ein, deren vorläufigen Ergebnisse an der Fünf-Prozent-Hürde stehen (13 Sitze). Diese politischen Kräfte positionieren sich als prorussisch, treten für die Rückkehr des Kosovo, die Einstellung jeglicher Verhandlungen zwischen Belgrad und der EU und eine klare Umorientierung auf Moskau ein. Damit wird der proeuropäische Kurs des Premiers auf einen großen Widerstand treffen.
 
Die Regierung kann sich kaum auf demokratische Kräfte (45 Sitze) im Parlament stützen. Die serbischen Demokraten richteten ihren Wahlkampf auf der harten Kritik an Vučić aus. Angesichts der Tatsache, dass die Regierung mehrere schmerzhafte Reformen und unpopuläre Maßnahmen vollziehen muss, wird diese Kritik nur zunehmen.
 
Ein weiteres Problem für den serbischen Premier kann die bunte Zusammensetzung der neuen Koalition sein. Dazu gehören die Serbische Erneuerungsbewegung des ehemaligen Außenministers Vuk Drašković, der für den Beitritt Serbiens nicht nur zur EU, sondern auch zur Nato eintritt, und die Serbische Volkspartei von Nenad Popović, der große Geschäftsinteressen in Russland hat und Moskaus Position aktiv unterstützt, die auf ein Referendum über den Nato-Beitritt Serbiens ausgerichtet ist. Laut Quellen aus Belgrad kann Popović in der neuen Regierung den Posten des Vizepremiers bekommen, der für die Beziehungen zu Russland zuständig sein wird.
 
Nicht einfach ist auch das Verhältnis zwischen dem Premier und dem Präsidenten Tomislav Nikolić, obwohl beide die Gründer der regierenden Partei sind. Nikolić vertritt eine deutlich stärkere prorussische Position und zeigt dies offen. Einen Monat vor der Parlamentswahl wurde er in Moskau von Präsident Wladimir Putin empfangen.
 
Laut serbischen Experten macht all das von Vučić angestrebte Konzept des Balancierens zwischen der EU und Russland sehr instabil. Dass Serbien Kurs auf Europa ohne Nato-Beitritt nimmt und zugleich besondere Beziehungen zu Russland unterhält, sei kaum wahrscheinlich. Das Problem bestehe auch darin, dass selbst Vučić als wohl einflussreichster serbischer Politiker es nicht wagt, direkt zu erklären, wohin das Land gehen soll, meint der Politologe Dušan Janjić. Zum Wendepunkt in Bezug auf die Beziehungen zur EU und Russland werde die Präsidentschaftswahl 2017, so der Experte.
 
Quelle: Sputniknews

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