Ramush Haradinaj – von Glodjane bis Colmar und wieder zurück!

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Der einstige Regionalkommandant der UCK Ramush Haradinaj kehrt nach Kosovo zurück, nach drei Monaten Haft in Frankreich, wo er am 4. Januar, als er auf dem Weg zur Inauguration von Donald Trump war, wegen eines Steckbriefs Serbiens von der INTERPOL festgenommen worden war und bis gestern auf die Entscheidung des französischen Gerichts über die Auslieferung nach Serbien wartete.
 
Die Feier in Pristina wegen seiner Freilassung zeigt nur, dass er tatsächlich neuer Mandatar für die Regierung sein könnte, wenn die zerbrechliche Koalition der Demokratischen Partei des Kosovo von Hashim Thaci und des Demokratischen Bundes des Kosovo von Isa Mustafa auseinanderfällt.
 
Ramush Haradinaj wurde am 3. Juli 1968 im Dorf Glodjane im Westen des Kosovo geboren. Später erzählte er, dass er als Kind davon träumte, Astronaut zu werden, dass er aber die Jugendtage wie die meisten seiner Generation in Protesten verbracht hat. Nach der Schule diente er seine Pflicht in der Jugoslawischen Volksarmee 1989 ab und arbeitete danach im Sommer in der Schweiz und verbrachte die Wintertage im Kosovo. 1991 wurde er angeklagt und freigelassen wegen der Teilnahme an Demonstrationen.
 
In der Schweiz wurde er Mitglied der Volksbewegung des Kosovo, aus welcher die UCK und die meisten der heutigen albanischen Parteien im Kosovo hervorkamen.
Er erzählte, dass er in der Schweiz fleißig arbeitete und Kung-Fu trainierte, während er das Grundwissen über militärische Taktiken von schweizerischen Soldaten lernte, wie auch bei bisher ungeklärten „Trainings in Frankreich“.
„Ich war nie Mitglied der Fremdenlegion“, schrieb er im Buch „Erzählung über Krieg und Freiheit“ 1999. Damals lernte er auch seine erste Ehefrau kennen, Johanna Carlsson aus Finnland, welche später eine Schlüsselrolle in der Herstellung von Kontakten mit westlichen Diplomaten, vor allem Amerikanern, spielte.
Im Gegensatz zu Thaci, Jashari, Sulja oder Cheku war Haradinaj im Kosovo bis 1998 ziemlich unbekannt.
 
Für Ramush Haradinaj haben die Konflikte im Kosovo eigentlich schon 1994 begonnen, als er mit seinen Brüdern Luan und Skelzen einen illegalen Waffenkanal für die Rebellengruppe „Dukadjin“ organisierte. Bis 1998 war er schon Kommandant in der Region seines Geburtsorts, aber schnell wurde er schon UCK-Kommandant und blieb auf dem Posten bis zum Ende der Konflikte im Kosovo.
Wegen seiner Brutalität und der Erfolge gegen die serbischen Sicherheitskräfte bekam er schon früh den Status eines Kriegshelden. Seine Gruppe wuchs.
„Haradinaj zeigte in der frühen Phase der Gefechte Zeichen ernsthafter Paranoia. Überall sah er serbische Spione und in seinen Racheaktionen wurden mindestens drei Albaner ermordet“, behaupteten westliche Diplomaten später.
„Im September 1998 verloren wir praktisch den Krieg gegen die serbischen Kräfte, aber der US-Gesandte Richard Holbrook schaffte es, einen Waffenstillstand auszuhandeln und die Verifikationsmission zu bringen, was uns Zeit gab, die Frühlingsoffensive vorzubereiten“, sagte Haradinaj in einem Interview.
„Ich muss sagen, dass die Verifikationsmission sehr wichtig für das Kosovo war. Das Volk fing an, den Glauben an die UCK zu verlieren, weil wir unsere Aufgaben nicht erfüllen konnten“, sagte er.
 
Er bildete auch die Gruppe „Schwarze Adler“, welche in den westlichen Kreisen als die am besten ausgestattete Einheit der UCK galt. Serbische Quellen verbinden sie mit Kriegsverbrechen, vor allem mit der Liquidierung serbischer Zivilisten beim Radonjic See. Westliche Quellen verbinden die Einheit mit einigen Scharfschützen-Angriffen auf Soldaten der deutschen Bundeswehr, aber außer Kugeln in den Panzern der Soldaten blieb alles ohne Ermittlung.
Seine Brüder Luan und Skelzen kamen in Gefechten mit serbischen Kräften ums Leben.
Der Westen sagte oft von ihm, er habe eine Charisma, die seine Untergeworfenen dazu trieb, ihn zu ehren und zu fürchten zugleich. „Er ist ein gewöhnlicher Psychopath, der seine Soldaten oft schlägt, um Disziplin aufrecht zu erhalten“, hieß es in einem vertraulichen Bericht der Verifikationsmission der OSZE 1999.
 
Nach der Demilitarisierung der UCK und ihrer Transformation in den Kosovo-Schutzcorps wurde er Kommandant dieser Kräfte, verlässt sie aber bald und formiert die Allianz für die Zukunft des Kosovo.
Westliche Diplomaten vereitelten aber ständig seine politischen Ambitionen, unter anderem wegen ungelöster Fälle wie der Schießerei bei Decani 2000, als er eine Gruppe von etwa 30 Angehörigen des Kosovo-Schutzcorps im Kampf gegen den Rivalen-Klan Musaj anführte.
Augenzeugen zufolge sah das wie ein „kleiner Krieg“ aus und brachte Streit unter den westlichen Geheimdiensten, die im Kosovo aktiv waren. „Die Amerikaner versuchten die Beweise zu fälschen und damit unsere Intelligenz zu beleidigen“, sagte einer der internationalen Polizisten, der die Ermittlung führte.
Seine Beziehung zu Hashim Thaci war auch turbulent, weswegen sich Thaci 2000 in Deutschland „verstecken“ musste.
Die Zentrale der UN in New York ermittelte auch über seine Beziehung mit dem UNMIK-Vizeleiter Stephen Shook, einen Amerikaner, der behauptete, Haradinaj sei ein Stabilitätsfaktor im Kosovo. Da er neben Thaci zum „Schlüsselmann“ für die Amerikaner im Kosovo gilt, ist es kein Wunder, dass eine Reihe von Zwischenfällen nach 1999, einschließlich einer Schlägerei mit einer russischen KFOR-Patrouille, seine Position nicht gefährdete.
Nach 2004 wurde er in einem komplizierten politischen Spiel zum Premier des Kosovo, blieb aber nur 100 Tage im Amt, weil er vom Haager Tribunal für Kriegsverbrechen angeklagt wurde. Drei Jahre später wurde er freigesprochen. Im Tribunal wurde noch einmal ein Prozess gegen ihn geführt, 2011-2012, in welchem er wieder befreit wurde.
Diese beiden Prozesse waren voller Kontroversen – Zeugen wurden tot aufgefunden, und die Ankläger Del Ponte und Brammertz mahnten immer wieder ohne Erfolg wegen der Gefahr für Zeugen in diesem Fall.
Der Nachname Haradinaj wurde 2001 auch mit Unruhen in Mazedonien und Südserbien in Verbindung gebracht. Sein Bruder Daut hat laut westlichen Geheimdiensten Menschen und Waffen koordiniert, die von Kosovo nach Mazedonien transportiert wurden. Daut wurde vor den Wahlen 2005 zur Haft verurteilt, weil er an der Folterung und Ermordung von vier Albanern nach dem Krieg beteiligt war.
Leute die Ramush Haradinaj nahe stehen wurden als Anführer des Pogroms gegen Serben im März 2004 gekennzeichnet. Die internationale Polizei und Justiz haben es aber nicht geschafft, eine Verbindung zu ihm aufzubauen.
Quelle: RTS

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