Serbien vor Präsidentenwahl – kommt der Wechsel von prorussisch zu proeuropäisch?

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Zu den für April angesetzten Präsidentschaftswahlen in Serbien wird Premier Aleksandar Vucic als Kandidat der regierenden Serbischen Fortschrittspartei antreten. Das schreibt die Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag
 
Vucic ist ein ernstzunehmender Herausforderer des als prorussisch geltenden Amtsinhabers Tomislav Nikolic, der mit einer zweiten Amtszeit gerechnet hatte. Bei einem Sieg von Vucic wird Serbien den Kurs auf die EU verstärken. Dennoch kann Moskau mit einer Entschädigung rechnen.
 
Am Freitag soll die Kandidatur von Vucic vom Zentralkomitee der Fortschrittspartei beschlossen werden. Es bestehen keine Zweifel daran, dass der Premier unterstützt wird. Zuvor war seine Kandidatur einstimmig von Präsidium der Regierungspartei gebilligt worden.
 
Die Kandidatur des jetzigen Premiers war zu erwarten – er ist der einflussreichste und populärste Politiker in Serbien. „Die Mitglieder der Fortschrittspartei haben beschlossen, nichts zu riskieren“, sagt der Belgrader Analytiker Vladimir Vuletic. Vucic könne wohl bereits in der ersten Runde gewinnen. Bei jedem anderen Kandidaten von der Regierungspartei wäre eine Stichwahl nicht zu vermeiden gewesen.
 
Doch Vucic wird in ein Amt mit weniger Vollmachten wechseln, die vor allem mit der Außenpolitik verbunden sein werden. Das könnte bedeuten, dass die Außenpolitik für Vucic zur Priorität wird.
 
Der jetzige serbische Premier hatte auch zuvor nicht verheimlicht, dass sein Hauptziel in der Außenpolitik die EU-Integration Serbiens bei Aufrechterhaltung möglichst guter Beziehungen zu Russland ist. Doch in der letzten Zeit hat sich Belgrads Bewegung in Richtung EU stark verlangsamt, Brüssel kritisierte immer häufiger serbische Politiker wegen ihrer radikalen Rhetorik gegenüber den Nachbarn.
 
Das letzte Beispiel dafür war die Zuspitzung der Beziehungen zwischen Belgrad und Pristina, die beinahe zum bewaffneten Konflikt führte. Der serbische Präsident Nikolic drohte sogar mit der Entsendung von Truppen in die ehemalige Provinz. Nur eine schnelle Einmischung der EU und die zurückhaltende Position des Premiers verhinderten eine Eskalation. Als Präsident könnte Vucic die außenpolitischen Fragen unter seine Fittiche nehmen.
 
Das ist auch aus dem Grund von Bedeutung, weil als wichtigster prorussischer Politiker in Serbien gerade Präsident Nikolic galt. Er stattete Russland häufig Besuche ab, verstand sich gut mit Wladimir Putin und verheimlichte nicht seine prorussischen Ansichten. Nikolic verbarg auch nicht seinen Wunsch, für eine zweite Amtszeit zu kandidieren. Allerdings gab Vucic ihm zu verstehen, dass er zwar bereit gewesen wäre, seine Kandidatur zu unterstützen, doch laut Umfrageergebnissen ist die Wiederwahl nicht garantiert, weshalb man die Stabilität Serbiens nicht riskieren dürfe.
 
Wenn Vucic gewinnt, ist die Frage nach dem neuen Premier äußerst wichtig. Als engste Vertraute Vucics im aktuellen Kabinett gelten Vizeregierungschefin Zorana Mihajlović und Innenminister Nebojša Stefanović. Allerdings schreibt die Belgrader Zeitung „Blic“, dass der Außenminister und Sozialistenchef Ivica Dacic Spitzenkandidat ist. Ein solches Szenario würde die Geschlossenheit der Regierungskoalition stärken. Zudem gilt Dacic ebenfalls als prorussischer Politiker, wie Nicolic, seine Wahl könnte eine Art Entschädigung für Moskau wegen des Abgangs des aktuellen Präsidenten sein.
 
Quelle: Sputniknews

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