Die Vorsitzenden der Parteien im Kosovo, die bei den Wahlen vom 11. Juni den Sprung ins Parlament schafften, verhandeln (bislang vergeblich) über eine neue Regierungskoalition. Doch eines steht fest – im Parlament werden die Radikalen dominieren – die Koalition des ehemaligen Feldkommandeurs Ramush Haradinaj und die Bewegung „Selbstbestimmung“.
Wie die Zeitung „Kommersant“ am Donnerstag schreibt, sind sie gegen die wichtigsten Vereinbarungen zwischen Pristina und Belgrad. Doch viele Balkan-Experten und europäische Diplomaten meinen, dass gerade die kosovarischen Radikalen eher auf schmerzhafte Kompromisse eingehen würden, um mit den Nachbarländern eine Einigung zu erreichen.
Der formelle Gewinner der kosovarischen Wahlen vom 11. Juni war die so genannte Militärkoalition, die von ehemaligen Feldkommandeuren geleitet wird – von Präsident Hashim Thaci und dem Anführer der Allianz für die Zukunft des Kosovo, Ramush Haradinaj. Sie erhielt 39 der 120 Parlamentssitze, was allerdings bei weitem nicht für eine absolute Mehrheit reicht.
Während mit dem Erfolg der Militärkoalition zu rechnen war, war der zweite Platz für die Bewegung “Selbstbestimmung” eine Überraschung. Sie verdoppelte damit ihre Mandate im Parlament auf 31. Die Bewegung gilt ebenfalls als radikal. Ihre Anhänger erlangten Bekanntheit, weil sie im vergangenen Jahr regelmäßig im Parlament Tränengas versprühten und Rauchsignale anzündeten, um die Abstimmung zu den wichtigsten Fragen zu torpedieren – wie die Schaffung einer Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten bzw. die Demarkation der Grenze zu Montenegro. Gegen diese Maßnahmen stemmte sich auch die Partei von Ramush Haradinaj, den die Militärkoalition als Premierkandidat aufstellte.
Damit wurden die kosovarischen Wahlen de facto ein Triumph der Radikalen. Besonders besorgt zeigte sich Serbien, das zuvor die Festnahme von Ramush Haradinaj anordnete. Der Anführer der Bewegung „Selbstbestimmung“, Albin Kurti, weigert sich überhaupt, die Lage der kosovarischen Serben mit Belgrad zu erörtern. Nun wird einer der Beiden sicher der neue Premier des Kosovo, mit dem es Serbien zu tun haben muss.
Die Ergebnisse der Wahlen im Kosovo wurden auch vom russischen Außenministerium negativ eingeschätzt. Es verwies auf die weitere Radikalisierung der politischen Spitze in Pristina, was auf die Nachsicht der USA und der EU zurückgeführt wurde.
Allerdings meinen viele Balkan-Experten, dass man keinen Alarm schlagen sollte. Laut Stefan Surlic von der Universität Belgrad ist es ein Vorteil, dass niemand der Anführer der Bewegung „Selbstbestimmung“, darunter Albin Kurti, am serbisch-albanischen bewaffneten Konflikt in den 1990er-Jahren teilgenommen habe und nicht in Kriegsverbrechen verwickelt sei.
Laut dem kosovarischen Experten Mazlum Baraliu könnte bei der Bildung einer neuen Regierung die gemäßigte Koalition aus der Demokratischen Union des Kosovo und der Allianz Neues Kosovo als drittstärkste Kraft eine wichtige Rolle spielen. Ohne ihre Unterstützung könne anscheinend keiner der Wahlsieger eine Koalition bilden.
Dem ehemaligen kosovarischen Politiker und Politologen Azem Vllasi zufolge wird sich Haradinaj als Premier umstellen müssen. Deswegen werde offenbar eine Möglichkeit für die Ratifizierung des Abkommens über die Demarkation der Grenze zu Montenegro gefunden werden, weil dies jetzt für Pristina eine Grenze mit der Nato sei, so der Experte.
Quelle: Sputniknews