Wird man Serbien um die Europerspektive bringen?

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Infrastrukturprojekte, die South Stream-Pipeline (auch das kann Brüssel Serbien nicht vergeben), beachtlicher Warenumsatz. Mit solchen Dingen schmeißt man nicht leichtsinnig herum. Dies umso mehr, als die EU außerstande ist, selbst den eigenen Mitgliedsländern den entgangenen Gewinn zu kompensieren. Schon ganz davon zu schweigen, dass auch unter den EU-Ländern bei weitem nicht alle von den Einschränkungen begeistert sind.

Nun sind Brüssel und Washington in ihrem Streben danach, Russland zu isolieren, von der Überredungstaktik zur unverhohlenen Erpressung übergegangen. Man hat Serbien angedroht, dessen Antrag auf die Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu revidieren, sollte es die einheitliche Linie seiner künftigen Familie nicht unterstützen. Es wäre darauf zu verweisen, dass Belgrad bereits nicht den ersten Monat einem Druck von Seiten Brüssels ausgesetzt ist. Bis jetzt ist es der serbischen Regierung gelungen, dem Ansturm standzuhalten.

Doch so könnte man auch die regionale Konkurrenz verlieren, gibt man in Brüssel unmissverständlich zu verstehen. Doch Serbien ist auch nicht sonderlich bestrebt, diese Konkurrenz zu gewinnen. Angela Merkel hat Serbien in ihren Ausführungen in Sydney nach dem G20-Gipfeltreffen erstmalig zu den Ländern gezählt, auf die Moskau angeblich Anspruch erhebe.

Im Anschluss daran konnte man mühelos erraten, dass man sich Belgrads mit verstärkter Kraft annehmen würde. Der EU missfällt Serbiens besondere Meinung. Nun aber ist die Frage mit aller Schärfe gestellt worden: „Entweder – oder“. Und das nicht etwa deshalb, weil man Belgrad zwingen möchte, Russland irgendwie auf eine neue Art zu schädigen. Sondern, weil man es sich durch Mittäterschaft beschmutzen lassen will. Die serbische Gesellschaft werde zu patriotisch. Ein pro-russischer Block ist im Entstehen.

Der Anführer der serbischen Radikalen, Vijislav šešelj, der nach zwölf Jahren Gefängnis aus Gesundheitsgründen vom Tribunal in den Haag aus der Haft entlassen, erklärt, dass er zurückgekehrt sei nicht etwa, um sich behandeln zu lassen, sondern um das Land von der Eurointegration zu heilen. Und wenn man danach urteilen soll, wie viele Menschen er zu seiner ersten Kundgebung zu versammeln vermochte, kann das bei ihm auch klappen. Kann die EU Serbien in der Tat die Europerspektive nehmen, wenn es beharren wird? Alexander Karassjow, Experte für Balkanländer, meint:

„Die EU kann nicht von Serbien fordern, die Sanktionen gegen Russland anzunehmen, denn Serbien ist kein EU-Mitglied und braucht die Forderungen nach der einheitlichen Politik nicht zu erfüllen. Doch eine solche Erpressung taucht in letzter Zeit auf. Hier sind zwei Varianten möglich. Entweder wird es erneut ein Aufschieben der Mitgliedschaftsperspektive geben. Oder, im äußersten Fall, werden diese Prozeduren überhaupt für eine Zeitlang auf Eis gelegt.“

Wird Serbien vermögen, dem Druck Brüssels zu trotzen? Alexander Karassjow fährt fort:

„Im Augenblick bezieht Serbiens Führung durchaus nüchtern und ausgewogen die Position eines unabhängigen Staates. Etwas anderes, dass es schwer fallen würde, vorauszusagen, wie sich die Situation entwickeln wird, wenn der Druck der EU zunimmt. Alles wird von der Entwicklung der wichtigsten Krise, der Krise in der Ukraine, abhängen.“

Die pro-russische Stimmungen sind in Serbien zu Stark, als man keine Rücksicht darauf nehmen könnte. In welchem Maße wird sich das auf die Beziehungen Belgrads und Brüssels auswirken? Alexander Karassjow meint:

„Solche Stimmungen sind in Serbien unbedingt präsent. Doch man darf auch nicht außer Acht lassen, dass außer den pro-russischen Stimmungen sich ein Teil der Gesellschaft auf Europa orientiert. Doch da ein bedeutender Teil der Gesellschaft sich dennoch für die unabhängige Politik Serbiens einsetzt, wird es diesem Druck seitens Brüssels standhalten.“

Natürlich biegt Belgrad vom europäischen Weg nicht ab, ja es wird nicht einmal vorgeschlagen, für eine Weile stehen zu bleiben. Doch widerspruchslos kann man es nicht nennen. Man sollte meinen, Serbien kann man mit nichts mehr Angst einjagen. Es hat den farbigen Umsturz erlebt. Es hat mehrere Kriege durchgemacht. Es wurde von Nato-Flugzeugen gesprengt. Es schien, dass man ihm schon alles weggenommen hat. Doch Russland hat man ihm noch nicht weggenommen.

Quelle: Stimme Russlands

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