Themen wie „Black Lives Matter“ werden auf dem Balkan normalerweise rein auf die USA, bestenfalls noch auf Westeuropa, bezogen. Doch tatsächlich erreicht eine dieser Debatten jetzt auch den ex-jugoslawischen Raum, wenn auch nur indirekt.
Es geht um zwei monumentale Statuen, geschaffen vom international bekannten jugoslawischen Künstler und Bildhauer Ivan Meštrović. Meštrovićs bekannteste Arbeit in Serbien ist wahrscheinlich die Statue des „Pobednik“, des „Siegers“, am Kalemegdan in Belgrad.
Die Statuen, über die sich jetzt die Gemüter streiten, stehen hingegen in Chicago. Sie zeigen jeweils einen Indianer mit vollem Federschmuck hoch zu Pferde und zum Kampfe bereit. Der eine in einer Pose, als würde er einen Speer schleudern, der andere als würde er mit einem Bogen schießen.
Angeblich für Ureinwohner beleidigend
Meštrović, der sich bei seinen Arbeiten gerne an den monumentalen Werken der Antike orientierte, wollte Stolz, Mut und Kampfeslust in seinem Werken darstellen. Unzweifelhaft gelang ihm dies auch bei seinen beiden Indianerhäuptlingen. Nicht einmal seine Kritiker bezweifeln das.
Tatsächlich ist es sogar genau dies, warum viele in den USA nun einen Abriss der Statuen verlangen. Denn angeblich beleidigen sie durch ihre „romantisierende und stereotype Darstellung“ die amerikanischen Ureinwohner.
Denn die Statuen zeigen letztendlich einen „weißen“ Blick auf die vermeintlich tugendhaften „Wilden“. Dieser sei aber letztendlich nichts anderes als Diskriminierung, selbst wenn man die Ureinwohner Amerikas als tapfere Krieger darstellte. Der Künstler, wohlgemerkt seit 1962 tot, verletze mit seinen beiden Werken die Gefühle dieser Menschen.
Kroatiens Kultusministerium ist alarmiert
Da Meštrović aus Kroatien stammte, sind es jetzt das kroatische Kultusministerium und das Künstleratelier „Ivan Meštrović“ in Split, welche sich für den Erhalt der beiden Indianer einsetzen. Auch wurden die Statuen 1928 in Kroatien hergestellt und dann in die USA verschifft. Die Argumentation von kroatischer Seite ist weiterhin einfach, klar und naheliegend:
Der Künstler wollte mit seinen Werken, die Bedeutung der amerikanischen Ureinwohner für die USA zum Ausdruck bringen. In keiner Weise sei es ihm, um irgendeine Form von Diskriminierung oder gar Rassismus gegangen.
Tatsächlich scheint es, als ob die beiden Indianer von Meštrović in einen allgemeinen Strudel der Bilderstürmerei in den USA geraten sind. Denn in den letzten Jahren holten vermeintiche Aufklärer dort vermehrt Statuen von öffentlichen Plätzen. Vor allem seit dem gewaltsamen Tode des Afroamerikaners George Floyd sind mehr als 168 Statuen demontiert worden. Diese wurden allesamt als rassistisch oder den Rassismus glorifizierend eingestuft. Allerdings ging es bei ihnen vor allem um die Abbildungen von Generälen und Vertretern der konföderierten Südstaaten aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg.
Diese waren weiterhin erst in den 1920er Jahren errichtet worden. Sie galten als provokante Zeichen des Trotzes gegen den siegreichen und wirtschaftlich überlegenen Norden. Natürlich symbolisierten sie auch die bei weißen Amerikanern als „gute alte Zeit“ gesehene Ära der Rassendiskriminierung und der Sklaverei.
Bekannteste Beispiele sind die diversen Abbildungen von Robert E. Lee. Der Südstaatengeneral wird bis heute im Gebiet der damaligen Konföderierten als Volksheld angesehen, zumindest bei der dortigen weißen Bevölkerung.
Seit den Unruhen des letzten Jahres ist die Debatte in den USA vollkommen politisiert. Rationale Argumente pro und contra verhallen praktisch ungehört.
Der Künstler selbst erfuhr am eigenen Leibe Diskriminierung
Denn was ein jugoslawischer Künstler mit all dem zu tun haben soll, erschließt sich natürlich kaum jemanden außerhalb der Vereinigten Staaten. Auch kann man ihm keine üblen oder auch nur naiven Absichten unterstellen.
Denn Meštrović konnte sogar selbst auf eine antifaschistische Vergangenheit zurückblicken. Er wurde von den kroatischen Ustaše bedroht, etliche Familienmitglieder seiner Frau wurden im Holocaust ermordet. Der Mann hatte somit Rassenhass und Diskriminierung am eigenen Leibe erfahren.
Später, als er bereits in den USA lebte, schickte er viele seiner Werke nach Jugoslawien. Dort galt er als einer der berühmtesten Künstler der Gegenwart. Im gesamten ex-jugoslawischen Raum finden sich bis heute Zeugnisse seines Schaffens. Auch viele Straßen, nicht nur in Serbien, tragen bis heute seinen Namen.
Allem Anschein nach ist man in Bidens angeblich liberalen Amerika wohl gerade dabei, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Um der Ironie noch eins hinzuzufügen, sei zudem noch etwas erwähnt. Die Rufe nach Entfernung der Statuen kommen anscheinend nicht von Vertretern der amerikanischen Ureinwohner, also den „Indianern“.
Was denkt Ihr über die Debatte in den USA? Sollten die Statuen von Meštrović aus dem öffentlichen Raum entfernt werden? Schreibt uns Eure Meinungen in die Kommentare.
Quelle: politika.rs