Wütende Proteste in Cetinje gegen Metropoliten

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Am Sonntag kam es zu Ausschreitungen in Montenegro. Auslöser war die Inthronisierung des neuen Metropoliten der serbisch-orthodoxen Kirche in Montenegro, Joanikije.

Dieser war am Morgen zusammen mit Patriarch Porfirije per Hubschrauber ins Kloster nach Cetinje gereist. Die Amtseinführung Joanikijes fand dort unter enormem Polizeischutz statt. Spezialeinheiten mit automatischen Waffen schützten das Klostergelände.

Anschließend nahmen sie an einer Zeremonie in der Auferstehungskirche in Podgorica teil. Montenegros Ministerpräsident Zdravko Krivokapić grüßte die beiden Geistlichen bei ihrer Ankunft. Besonders ergreifend war, dass zu dem Zeitpunkt in der Kirche gerade eine Trauung stattfand, so dass das junge Brautpaar sogleich von den beiden Kirchvertretern gegrüßt werden konnte.

Eine Fahrt im Auto durch das Land war für die beiden Kirchenvertreter indes unmöglich. Demonstranten hatten auf den Verbindungsstraßen Blockaden aus brennenden Autoreifen und Steinen errichtet. Sie skandierten „Dies ist nicht Serbien!“ oder „Lang lebe Montenegro!“. Einer der Protestler sagte vor laufenden Kameras, dass man aus folgendem Grund gekommen und die Verkehrsverbindungen blockiert habe: „Wir sind hier um uns gegen die Okkupation der serbischen Kirche zu verteidigen“. Fünfzig Frauen stoppten den Verkehr zudem durch eine Sitzblockade.

Als es Ausschreitungen gegenüber den Sicherheitskräften gab, mussten die Behörden Tränengas einsetzen. Es gab Verletzte auf beiden Seiten der Barrikaden. Nach Zeugenaussagen sollen in Cetinje sogar Detonationen zu hören gewesen sein.

Der Präsident spielt abermals die nationalistische Karte

Absurder könnte es wohl kaum sein. Denn weder will die Kirche irgendetwas in dem Land besetzen, noch ist die Weihung Joanikijes ein neues Vorkommnis. Neu und gefährlich wäre es hingegen gewesen, wenn die Position des Metropoliten von Montenegro weiterhin vakant oder gar aufgrund von politischen Druck nicht besetzt worden wäre. Die Demonstranten sind aufgehetzte Extremisten.

Zudem scheinen die Randalierer vergessen zu haben, dass dreißig Prozent der montenegrinischen Bevölkerung sich als Serben fühlen. Und das immerhin fünfzehn Jahre nachdem Montenegro sich für unabhängig erklärt hatte. Auch bekennen sich bis heute siebzig Prozent der Montenegriner zur serbisch-orthodoxen Kirche.

Die von Milo Đukanović forcierte Trennung der Bevölkerung von Serbien sowie die Förderung eines eigenen montenegrinischen Klerus haben offenkundig nur bei einem geringen Teil der Bevölkerung Früchte getragen. Erinnert werden kann da auch an das absurde Projekt einer eigenständigen montenegrinischen Schriftsprache. Diese konnte nur über den Verwaltungsweg durchgesetzt werden, auch wenn jeder – vom Linguisten bis zum normalen Sprecher – weiß, dass es sich um eine Varietät des Serbischen handelt.

Đukanović will die Menschen aufwiegeln

Wenn man jedoch zynisch ist und davon ausgeht, dass es dem Präsidenten darum ging, die Gräben zwischen den Einwohnern zu vertiefen, um Unfrieden und Chaos zu stiften, dann ist ihm dies gelungen. „Teile und herrsche“ auf Montenegrinisch.

Đukanović selbst war übrigens ebenfalls nach Cetinje gereist, jedoch am Vortag. Da hetzte er bereits den wütenden Mob auf und beschuldigte Joanikije „ein Mann ohne Würde“ zu sein. Sonst würde dieser ja nicht per Hubschrauber kommen wollen. Verkehrte Welt sozusagen, denn immerhin hat Đukanović selbst die innenpolitische Eskalation über Jahre vorangetrieben.

Ministerpräsident Krivokapić war der Zeremonie in Cetinje weiterhin ferngeblieben. Tatsächlich war es aus seiner Position heraus sicher klüger in Podgorica zu bleiben. Ansonsten könnten seine politischen Gegner ihm nur allzu leicht Parteinahme und eine fehlende Trennung zwischen Staat und Kirche unterstellen. Dass er es sich jedoch nicht nehmen ließ, die beiden Geistlichen vorab in der Hauptstadt zu begrüßen, war ein Akt, welcher sich voll und ganz mit der Staatsräson deckt.

Eine Minderheit, nicht die Mehrheit

Alles in allem scheint es sich somit bei den Demonstranten um eine lautstarke Minderheit von hörigen Đukanović-Anhängern zu handeln. Dies sollte nicht vergessen werden, auch wenn die Bilder von brennenden Autoreifen auf den ersten Blick erschütternd wirken.

Dass Đukanović aber mittels Themen wie Religion und Identität immer noch über Mobilisierungspotential im Land verfügt, ist naheliegend. Verblendete gibt es genug. Selbst wenn man bedenkt, dass er es war, der das Land an den Rand der Staatspleite und direkt in die chinesische Abhängigkeit getrieben hat. Mehr als Unruhe und Gewalt wird er jedoch damit nicht erreichen können.

Bei allem Schrecken darf jedoch nicht vergessen werden, dass die letzten Wahlen ganz klar gezeigt haben, dass die Mehrheit der Einwohner Montenegros eben keinen wie auch immer gearteten montenegrinischen Nationalismus unter Đukanovićs Federführung wünscht und auch nicht bereit ist, für ihn zur Gewalt zu greifen. Man kann daher nur abwarten, ob dies am Wochenende Đukanovićs letztes Aufgebot war.

Wie denkt Ihr über die politische Lage in Montenegro? Wie waren Eure Eindrücke von den Vorfällen vom gestrigen Tag? Schreibt uns Eure Meinungen in die Kommentare.

Quelle: novosti.rs

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