
Gestern sagte erstmals ein Zeuge gegen den ehemaligen Kommandeur eines UČK-Gefangenenlagers, Salih Mustafa, aus.
Zu seinem Schutz trat der Mann nicht unter seinem echten Namen aus, sondern nur unter dem Pseudonym „3593“. Denn wer gegen die Terroristen der UČK aussagt, lebt gefährlich. Bereits in der Vergangenheit waren mehrere Personen, welche Aussagen gegen ihre Führungsfiguren machen wollten, ermordet oder unter dubiosen Umständen „verstorben“. Zeugenschutz gilt im Kosovo nichts.
Selbst im Gerichtssaal musste „Zeuge 3593“ sich hinter einem Sichtschutz vor seinem früheren Peiniger verbergen.
Denn selbst in Den Haag möchte man nicht riskieren, dass es einem der Angeklagten gelingt, irgendwelche Informationen über die Herkunft oder das Aussehen der Zeugen nach draußen zu schmuggeln.
Die Aussagen von „3593“ könnten gleichwohl nicht weniger schockierend sein. In dem Gefängnis soll es zu schlimmsten Folterungen und Morden gekommen sein.
Mustafa war angeblich treibende Kraft hinter Folterungen
Dabei war Mustafa die treibende Kraft, wie der Zeuge berichtete. „Die anderen Soldaten taten nichts, bis ihnen Mustafa den Befehl dazu gab“, berichtete er. Im Lager, einem alten Bauernhof, hätten sie die Gefangenen in einer Scheune festgehalten. Dann wären die Gefangenen einzeln rausgebracht worden und anschließend mehrere Stunden lang immer wieder von den Soldaten geschlagen worden. Mustafa sei dabei an seiner roten Mütze und seiner Waffe zu erkennen gewesen.
Auch hörten die Folterknechte augenblicklich auf, als der Angeklagte ihnen den Befehl dazu gab. Wortwörtlich sagte er: „Schlagt ihn nicht mehr. Er hat Glück.“
Der Zeuge, welcher selbst gefoltert wurde, berichtet weiter: „Einmal verlor ich nach mehreren Stunden Folter das Bewusstsein. Sie übergossen mich mit Wasser und zerrten mich dann zurück in die Scheune.
Jede Nacht schlugen sie jemanden. Wir konnten nicht schlafen, weil wir ihr Stöhnen und die Schläge hörten. Zu essen gaben sie uns nur ein altes Stück Brot am Tag. Nur damit wir am Leben blieben. Manchmal dauerte es auch zwei Tage, bis wir überhaupt etwas zu essen bekamen. Sie gaben uns außerdem eine Schüssel mit Wasser für uns alle. Das reicht nicht gegen den Durst. Durchnässt schliefen wir auf dem Boden. Wir mussten dort auch unsere Notdurft verrichten. Nur manchmal nahmen uns zwei Uniformierte dafür mit an einen anderen Ort.“
Entführt mit einem Sack über dem Kopf
Der Zeuge gab weiter an, dass er von Angehörigen der sogenannten UÇK-Militärpolizei festgenommen worden war. Diese hätten ihn augenblicklich getötet, wäre er nicht freiwillig mitgekommen. Sie hätten ihn in ein Auto gezerrt und ihm einen Sack über den Kopf gezogen. Dann hätten sie ihn zum Lager gebracht. Wer die Uniformierten waren, wisse er nicht.
Die Freiheit erlangte „3593“ erst später wieder. „Wir wurden gerettet, als die Offensive begann. Einer der Uniformierten kam und öffnete die Tür. Dann rief er uns und sagte: „Geht, wohin Ihr wollt“. Wir fuhren dann nach Priština.
Der Prozess gegen Mustafa ist der Auftakt für alle Verfahren der in Den Haag inhaftierten UÇK-Kommandanten, darunter auch Hashim Thaçi. Allein gegen den Mustafa sollen nicht weniger als 16 Zeugen vernommen werden.
Der Angeklagte kam nicht wieder in den Gerichtssaal
Wenig überraschend wies der Angeklagte sämtliche Anschuldigungen gegen ihn zurück. Er sieht sich selbst als unschuldig an.
Der Gerichtsprozess gegen ihn begann erst am 15. September. In einer ersten Anhörung verkündete Mustafa zudem, die Anklagepunkte gegen ihn allesamt widerlegen zu können. Auch habe er für den gesamten Zeitraum der Vorwürfe ein Alibi.
Nach der Anhörung von „3593“ wollte sich Mustafa dann aber doch erst einmal nicht mehr äußern. Er zog es vor, nach der anschließenden Pause nicht mehr in den Gerichtssaal zurückzukehren. Das Gericht erlaubte ihm dies, da seine Anwesenheit zum jetzigen Verhandlungszeitpunkt eh nicht benötigt wurde. Auch von Seiten der Opfervertretung und der Staatsanwaltschaft bestanden keine Einwände.
Wird Mustafa überführt und verurteilt werden? Was passiert mit den anderen Angeklagten? Schreibt uns Eure Meinungen in die Kommentare.
Quelle: mondo.rs