Der Spiegel erforscht die Rolle albanischer Parteien, welche entscheidend in der jetzigen Krise in Mazedonien sein könnte.
Zehntausende wütende Mazedonier protestieren schon seit einer Woche heftig gegen Staatspräsident Đorđe Ivanov. Er entfachte den Zorn vieler Bürger: Gerade hat er 56 Politiker und hochrangige Beamte begnadigt, gegen die unter anderem wegen Wahlbetrugs und Korruption ermittelt wurde. Drei Sonderstaatsanwältinnen untersuchen seit September 2015 Vorwürfe gegen Vertreter des Regimes. Ihre akribische Arbeit hat die Regierung in Bedrängnis gebracht.
Die Amnestie ist der vorläufige Schlusspunkt unter ein von der EU 2015 vermitteltes Demokratisierungs- und Befriedungsabkommen, mit dem die seit zwei Jahren andauernde Staatskrise in Mazedonien beendet werden sollte. Nun liegt das Abkommen in Scherben, angesichts der Massenproteste sprechen Beobachter von einem möglichen Maidan-Szenario in Mazedonien, ähnlich zur Lage in der Ukraine vor rund zwei Jahren. Das könnte eine Gefahr für die gesamte Region darstellen.
Die politische Krise im Land eskalierte im Februar 2015, als die Sozialdemokraten über Wochen hinweg mitgeschnittene Telefonate von Gruevski und anderen Regierungspolitikern veröffentlichten, die ihnen von Unbekannten zugespielt worden waren. Aus ihnen geht hervor, dass das Gruevski-Regime jahrelang Tausende Mazedonier illegal abhörte, Wahlen fälschte, Medien beeinflusste und korrupte Geschäfte organisierte.
Deshalb wurde vorige Woche das Parlament aufgelöst und der Termin für vorgezogene Wahlen endgültig auf den 5. Juni festgesetzt. Allerdings wird die sozialdemokratische Opposition diese Wahlen boykottieren, weil es Anhaltspunkte für einen neuerlichen Betrug gibt: Die Wählerverzeichnisse sind von Zehntausenden Karteileichen nicht bereinigt, fiktive Stimmen könnten in das Wahlergebnis hineingerechnet werden.
Daher sei es entscheidend, welche Parteien die Albaner unterstützen werden, weil sie eine große Zahl unter den Wahlberechtigten ausmachen – die DUI, die in Koalition mit der amtierenden VMRO war, oder die DPA. Der Wiener Standard schreibt, es hänge auch davon ab, was für Druck die USA auf die Albaner ausüben werden, und es sei wichtig zu sehen, ob Mazedonien trotz des bisherigen Veto aus Griechenland eine Gelegenheit bekommen wird, zur NATO und EU beizutreten.
Quelle: B92 / Deutsche Welle