Flüchtlingskrise: „Nur Geld im Kopf“ – serbischer Arzt über Schrecken auf Lesbos!

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Ein serbischer Arzt, der einen guten Job in seiner Heimat aufgegeben hat, um Flüchtlingen auf der griechischen Insel Lesbos zu helfen, berichtet in einem Sputnik-Interview über Tod, Chaos, Geldgier und Fluchtursachen.
 
Dragoljub Simic, ein ausgebildeter Kinderarzt, ist ganz zufällig nach Lesbos gekommen. Sein Sohn, der ursprünglich dorthin reisen sollte, konnte seine Lizenz nicht rechtzeitig bekommen. So dass der Vater für ihn einspringen musste.
 
„Ich war voller Wut wegen der Handlungen der Türkei, die Migranten einfach in Booten zusammenpferchen. Sie haben nur Geld im Kopf, nichts weiter“, so Simic. Auf der Insel seien kleine Schlauchboote, die für maximal 20 Passagiere gerechnet seien, mit bis zu 70 Menschen darin angekommen.
 
90 Prozent der Flüchtlinge sahen Dragoljub Simic zufolge das Meer erstmals in ihrem Leben. „Die Strecke hat sechs Kilometer betragen, sogar das war viel zu viel für sie. Es ist natürlich das schwerste Trauma in ihren Leben, besonders für die Kinder. Sie saßen praktisch aufeinander“, sagt Simic.
 
„Ich fragte sie, warum sie das tun. Die Antwort war fast immer dieselbe – sie suchen nach einem besseren Leben“. Die meisten wollten Simic zufolge nach Deutschland fliehen.
 
Fast alle, die eintrafen, brauchten ärztliche Hilfe, Essen und Kleidung. „Sie sind wahrscheinlich zu Manipulationsobjekten geworden. Ich habe das in einer Nacht begriffen, als ein kleines Fischerboot rund 300 Migranten an die Küste gebracht hat“, so Simic.
 
„Alle erwiesen sich im Meer, es war kalt und regnete, es wehte ein durchdringender Wind. Sie verbrachten mehr als eine Stunde im Wasser, viele waren erfroren, einige ertranken. 25 Menschen kamen damals ums Leben. An der Küste trafen Ärzte ein, ich wusste nicht einmal, dass welche hier sind“, so Simic.
 
„Dieser schreckliche Moment hinterließ bei mir den Eindruck, dass alle gewusst haben, dass es dazu kommen würde. TV-Sender, Journalisten, alle hatten sich bereits versammelt und warteten. Es war absolut unfassbar für mich, wie man so etwas mit Menschen machen kann.“
 
Der Serbe erinnert aber nicht nur an die Schrecken der Lage auf Lesbos. Es gab seinen Worten zufolge einen Zwischenfall, den er sein ganzes Leben im Herzen bewahren wird. „Ein Vater brachte ein acht monatiges Kind, das fast tot war. Das Mädchen konnte kaum noch atmen“, erzählt Simic. Es habe keine Dolmetscher gegeben. „Endlich habe ich verstanden, dass es sich um Hypoglykämie handelt, wenn im Blut zu wenig Zucker ist. Das Kleinkind hatte drei Tage nichts gegessen. Sein Vater saß stumm neben mir“, sagt Simic.
 
„Es ist uns gelungen, eine Mischung zu kochen, die wir dem Mädchen eingegeben haben. Ich wusste, dass es die Augen öffnen wird und sagte seinem Vater ‚schau auf die Uhr, in 20 Minuten wird es die Augen öffnen‘. Es ist auch so passiert, das Kind hat die Augenlinder geöffnet und begann, die Lippen zu bewegen. Der Vater brach vor Glück in Tränen aus, umarmte und küsste mich. Ich werde diesen Augenblick nie vergessen.“
 
Quelle: Sputniknews

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