Im Bewusstsein des serbischen Volkes ist der St. Veitstag unzertrennbar an die Schlacht auf dem Amselfeld gebunden. Die Entscheidung des Fürsten Lazar Hrebeljanović, sich der weitaus stärkeren Armee der Türken und der Verlust der Serben haben das Kosovo ins Wesen des serbischen nationalen Bewusstseins eingebrannt. Schicksalhafte Entscheidungen der späteren serbischen Geschichte wurden mit Hinblick auf das Kosovo-Vermächtnis gefasst – dass man für Freiheit kämpfen und sterben muss. Das Echo des Vermächtnisses kann auch heute gehört werden, weil Serbien mit allen erdenklichen diplomatischen Mitteln versucht, sein Volk und Heiligstätten zu schützen und eine Lösung für die südliche Provinz zu finden, die der Grundstein seiner Existenz und Geistlichkeit ist.
In diesem Jahr ist aber im ersten Plan die Erinnerung an den St. Veitstag 1914, und der 100. Jahrestag des Anfangs des Ersten Weltkriegs ist nicht der einzige Grund dafür. Serbien bereitet sich vor, diesen Tag würdevoll zu begehen, kämpft aber gleichzeitig gegen die Versuche, dass die Geschichte revidiert, und dass es als der Schuldträger für den Ersten Weltkrieg gekennzeichnet wird. Diese Versuche haben gerade jetzt kulminiert, und deshalb ist dieser St. Veitstag so besonders. In seiner Pflicht, die Erinnerung an die übermenschlichen Opfer frisch zu halten, ist sich Serbien dessen bewusst, dass es alles tun muss, um diese Versuche zu vereiteln. Weswegen muss Serbien die Schuld für den Ersten Weltkrieg kategorisch zurückweisen?
Das Ultimatum, welches Österreich-Ungarn 1914 Serbien stellte war so formuliert, dass kein souveränes Land es annehmen könnte. Das übersehen absichtlich diejenigen, die das Attentat von Sarajevo als Grund für den Ersten Weltkrieg bezeichnen wollen. Serbien war gezwungen, sich zu verteidigen, und erlitt viele Menschenopfer. Das ist auch der Schlüsselgrund, wieso Serbien nicht zulassen kann, dass Geschichte neu geschrieben wird. Den großen Sieg zahlte es nämlich zu teuer – 1.300.000 Bürger waren ums Leben gekommen – etwa 30 % der Gesamtpopulation, davon 400.000 Soldaten oder gar 60 % der Männer. Das Land war wörtlich am Rande der biologischen Existenz. Der Siegerweg Serbiens wird durch Gräber in Serbien, Albanien, auf der Insel Korfu und im Ionischen Meer gekennzeichnet. Serbien zählte aber seine Opfer nicht nur an der Front. Die österreich-ungarische und die bulgarische Armee verübten massenhaft Verbrechen an serbischen Zivilisten, und die Überlebenden wurden in KZs verschleppt, wo sie systematischem Terror ausgesetzt waren.
Wegen der Menschenopfer, die in riesiger Disproportion zu seiner geographischen Größe stehen, darf Serbien nicht zulassen, dass seine Rolle im Großen Krieg auf eine neue Art und Weise gedeutet wird und mit Recht erwartet es Unterstützung seiner Verbündeten aus dem Krieg. Die Erklärung Serbiens zum Schuldigen für den Krieg würde seine Freiheitsopfer zunichte machen, und die wahren Schuldigen würde man so von der Verantwortung befreien.
Quelle: Voiceofserbia.org